Nach fast 80 Jahren ohne ein Schiffsmodell im Katalog, fand sich im Jahre 2002 wieder ein Blechschiff aus dem Hause Märklin in den Regalen der Händler – der Nachbau eines historischen Modells aus den Märklin-Katalogen um 1920: der Ozeandampfer „Viktoria“.
Das Vorbild „Augusta Victoria“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Augusta_Victoria) war ab 1889 Flaggschiff der ehemals größten Reederei der Welt, der „Hamburg-Amerikanischen Packetfahrt-Actien-Gesellschaft“, genannt Hapag. Der Doppelschrauben-Schnelldampfer schaffte die Strecke Hamburg-New York in nur sechs Tagen. Und weil im stürmischen Winter auf der Atlantikroute die Passagiere ausblieben, nutzte man die luxuriöse Auguste Victoria 1891 für die weltweit erste reine Vergnügungskreuzfahrt ins Mittelmeer – ein unerwarteter und großer Erfolg.
Namensgeberin des Schiffes war die letzte deutsche Kaiserin Auguste Victoria, beim Volk wegen ihrer entschieden liberalen Einstellung sehr beliebt. Es hieß, sie habe sogar dem eisernen Kanzler Kontra gegeben und später ihrem Sohn Wilhelm II. heftig die Leviten gelesen. Was es bewirkte, sei dahingestellt, jedenfalls taufte die Hapag das Flaggschiff auf ihren Namen.
Das Vorbild besaß zunächst zwei Schornsteine, vier Masten sowie eine Geschwindigkeit von 17,5 Knoten – dies entspricht genau 32,41 km/h. An Bord fanden 652 1.Klasse, 286 2.Klasse, 216 3.Klasse und 1842 Zwischendeckpassagiere Platz.
Die Augusta Victoria, die bis zum Stapellauf noch Normannia hieß, begann am 10.Mai 1889 ihre Jungfernreise von Hamburg nach New York. Der Dampfer besaß zu dieser Zeit noch eine Hilfsbesegelung an drei Masten, die das Schiff beim Schlingern und Rollen in starkem Seegang stützen sollte.
Angesichts der Passagierflaute in den Wintermonaten wurde die Augusta Victoria auf eine zweimonatige Orient-Exkursion in die wärmeren Gegenden des Mittelmeers geschickt.
1897 wurde der Dampfer in Belfast umgebaut und auf 163,10m verlängert. Dabei entfernte man den mittleren Mast, denn die Hilfsbesegelung war überflüssig geworden, so dass nur noch Masten für das Ladegeschirr übrig blieben.
Als die russische Marine im Krieg gegen Japan dringend Truppentransporter und Hilfsschiffe benötigte, wurde das Schiff im Juli 1904 verkauft und mit ihr die Schiffe Columbia und die Fürst Bismarck. Als Hilfskreuzer Kuban wurde sie dann 1907 in Stettin abgewrackt.
Das Replikat ist wie das historische Modell in bester Metallspielzeug-Tradition gefertigt. Schiffsrumpf und Aufbauten bestehen aus starken Blechen, ebenso zahlreiche Details wie die Reling, Masten, Flaggen, Promenaden und die drei markanten Schornsteine. Bugschmuck, Anker, Rettungsboote und andere Teile sind aus Gussmetall geformt. Reine Tüddelei, sprich geschickte Handarbeit, ist auch die Takelage, die zwischen den Masten und Schornsteine verspannt ist. Vier Flaggen sind über das gesamte Schiff verteilt. Eine feine Lackierung in den Hausfarben der Reederei und die Bedruckung mit weiteren Details wie Bullaugen und Beschriftungen komplettieren das Modell.
Wie es sich für ein Schiff gehört, ist die Viktoria schwimmfähig – für die Badewanne ein wenig zu groß, aber im Pool oder auf dem See im Stadtpark wirkt sie wahrhaft majestätisch. Ein kräftiger Uhrwerksmotor treibt beide Schiffspropeller an, aufgezogen wird das Uhrwerk mitels eines extra langen Schlüssels durch einen der Schornsteine. Das Ruder lässt sich verstellen und ist auch mit einer Rändelschraube arretierbar, so kann der Kurs bestimmt werden. Außerdem ist das Modell für den Einbau einer 2-Zylinder Schiffsdampfmaschine (Best.-Nr. 2170) der Fa. Graupner vorbereitet, so dass die Viktoria dem Vorbild des Ozeandampfers noch näher kommt.
Zum Aufstellen im heimischen Hafen ist ein Fuß beigelegt. Damit kann das Arbeits- oder Modellbahnzimmer ähnlich eindrucksvoll wie die Chefetage einer vornehmen hanseatischen Reederei gestaltet werden. Auch das Replikat ist so original und exklusiv wie seinerzeit das historische Modell. Es wurde in einmaliger Serie Im Jahre 2002 gefertigt. Eine Reservierung war bis zum 30. Juni 2002 bei einem MHI-Händler abzugeben, nach Auslieferung wechselte die Viktoria am Händlertresen für 1890 Euro den Besitzer.
Hallo,
was hat die Auguste Victoria mit Märklins Viktoria zu tun? Nicht viel…
Nach wie vor ist der ausführliche Beitrag von Dr. Fritz Rinderknecht, Norwin Rietsch und Bodo Schenck interessant, der damals auch im Märklin Magazin erschien.
Mit freundlichen Grüßen,
Bodo Schenck
Hallo Herr Schenk,
ich habe vor kurzem die Viktoria mit einer Graupner Schiffsdampfmaschine gekauft und lese gerne.
Können Sie mir evtl. mitteilen in welchem Märklin Magazin der,
„ausführliche Beitrag von Dr. Fritz Rinderknecht, Norwin Rietsch und Bodo Schenck“
erschienen ist?
Über eine Antwort würde ich mich riesig freuen, Vielen Dank Claus Reuter.
Hallo,
im Märklin Magazin 2/2002 ist in der Anzeige auf den Seiten 8 und 9 die Katalogreferenz in „aus den Märklin-Katalogen um 1920“ gegenüber dem ursprünglichen Textentwurf verändert worden.
Ausführlicher beschäftigt sich der Beitrag „Märklins große Passagierdampfer“ von Dr. Fritz Rinderknecht, Norwin Rietsch und mir in den Märklin Insider Club News 3/2002 (und nicht im Märklin Magazin) auf den Seiten 16 bis 19 mit dem Thema. Ich bitte darum, diese Ungenauigkeit in dem Kommentar von 2010 zu entschuldigen.
Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der gleichnamigen Arbeit, die Dr. Rinderknecht 2002 auf seiner damaligen Internetseite Tinplate Fan veröffentlicht hatte.
Zu den Hintergründen: Der ursprünglich schon für 1914 geplante neue Hauptkatalog erscheint nicht 1919, sondern erst im Frühjahr 1920 als „P 19“. Einige Artikel sind aber laut den Gesamt- Preislisten für den Handel noch nicht zur Lieferung vorgesehen, darunter die Schnelldampfer der Reihe 5050. Sie sind erst 1922 zu haben.
In dem Katalog kommen Druckklischees zum Einsatz, die vor 1920 entstanden sind. So trägt der Schnelldampfer in der Katalogabbildung den Namen „Imperator“.
Viele Grüße,
Bodo Schenck