Auf den Mittelseiten 6 und 7 der Spur 00 Kataloges von 1936 wird die „Elektrische Miniatur-Tischbahn-Anlage Spur 00“ mit der Artikelnummer 700/210 vorgestellt. Mit einer Größe von 220 x 105 cm ist damit eine komplette Anlage für den Zweizugbetrieb zum Preis von 340.- Reichsmark (bzw. 369.- RM für die Gleichstromversion mit Umformer) im Angebot.
Neben den Artikeln aus dem normalen Programm, welche auch in der Auflistung zu dieser Anlage aufgeführt sind, finden sich in der Abbildung der Anlage auch ein paar Besonderheiten.
Neben der Landschaft mit einem Berg in der Mitte und einem Tunnel welcher stark an den Tunnel 453 erinnert (allerdings mit einem Haus in der Mitte statt einem Turm an einem Ende), fällt insbesondere ein dem Gebirgsmassiv vorgelagertes Haus ins Auge, die „Märklin Villa“.
Über die Existenz der Villa wurde lange spekuliert, vor einigen Jahren tauchte jedoch eine komplette Anlage bei einem Münchener Auktionhaus auf, inklusive der Märklin Villa. Mittlerweile sind zwei weitere Exemplare bekannt geworden, ein Exemplar konnte für einen Fototermin ausgeliehen werden, vielen Dank an dieser Stelle an den Besitzer!
Die Villa wurde um 1934 als verkleinertes Hintergrundmodell für Spur 0 Schauanlagen entwickelt und ab 1937 für die Anlage 700/210 verwendet.
Die Märklin Villa unterscheidet sich von den üblichen Gebäuden aus Blech in einigen Punkten. Zunächst fällt der fehlende Sockel aus Blech auf. Auch die Villa im Katalog von 1936 scheint ohne Sockel erbaut worden zu sein, so das dies dem Originalzustand entsprechen dürfte. Besonders ins Auge fallen die runden Fensterfronten an der Vorderseite der Villa, wirklich einmalig bei einem Märklin Blechgebäude und fast ein Kunstwerk an sich.
Die beiden Aussenseiten sowie die Rückseite sind dagegen unspektakulär schlicht gehalten, einzig der an der Seite angebrachte Schornstein, welcher bis zum Boden reicht, ist an dieser Stelle zu erwähnen.
Das Dach ist rotbraun lackiert und dunkel abgesetzt, dies sollte vermutlich Dachziegel imitieren. Handwerklich sind beim Dach noch die beiden Giebel bemerkenswert, hier wurden zwei runde Fenster vorgesehen, so das auch unter dem Dach eine Wohnfläche oder zumindest ein Abstellraum, vielleicht für eine Tischbahnanlage…, Platz finden konnte.
Zwischen den beiden Giebeln ist auf der Katalogabbildung ein Schornstein zu sehen, dieser ist bei der hier gezeigten Villa leider verloren gegangen. Zwei Eingänge zum Haus, auf der jeweils linken und rechten Seite, lassen vielleicht auch auf ein Doppelhaus als Vorlage schliessen. Aufgrund der Exklusivität dieses schönen Stückes bleiben wir jedoch beim eingeführten Begriff „Märklin Villa“.
Der Blick von unten zeigt, das die Villa schon einige Ereignisreiche Jahre hinter sich gebracht hat, glücklicherweise blieb dieses Stück erhalten.
Ob die Villa tatsächlich zusammen mit einer Packung als Gesamtanlage verkauft wurde oder aber nur in kleinen Stückzahlen für die Schaufensteranlagen der Händler produziert wurden, bleibt vermutlich weiter unklar. Auch die Aussage das die wenigen Villen in der Märklin Ausbildungswerkstatt produziert wurden, lässt sich nicht eindeutig nachweisen. Fakt ist jedoch, dass sich die bisher bekannten Villen in kleinen Details unterscheiden (beispielsweise bei der Anordnung der Schornsteine) und somit keiner Serienproduktion entstammen.
Ich habe einen ähnlichen Villa, wo die Fenster allerdings nicht grün sondern beige sind; mit Mittelschornstein. Photo hat Frank Ronneburg.
Es gibt auch solche ohne Mittelschornstein, dafür aber ein langer Schornstein an jeder Seite, und Fenster im Seitenwand.
Hallo Frank,
super Artikel so langsam kommen die Häuser wohl wieder ans Tageslicht.
Zur Ergänzung das Haus auf der Brockmann Anlage war eine andere Bauart. Da können wir mal bei Gelegenheit drüber sprechen.
Es gibt aber trotzdem noch eine weitere Villa dieser Bauart, die wurde damals bei Christies in Göppingen versteigert. Bild siehe:
https://spur00.de/die-maerklin-villa-in-spur-00
Interessant ist bei dieser,(ausser den Schornsteinen natürlich) wenn Du ganz genau hinschaust erkennst Du auch auf der linken Seite im 1. Stock Fenster!
Grüße
Rainer
Hallo,
Es scheint noch eine weitere Version der Villa zu geben. Zu sehen ist sie im von Märklin nichtauthorisierten Buch „Märklin- Im Spiegel seiner Zeit“.
Ich wäre froh, nur eines dieser Häuschen zu haben.
Toller Bericht!
Beste Grüße!
MST
Das ist ein interessantes Stück Zeitgeschichte.
Bei dem Vorbild handelt es sich zweifellos um ein englisches (!) Doppelhaus der späten 20er bis 30er Jahre, die gerundeten Ausluchten mit großen Fensterflächen waren dort damals ein typisches Detail, Beispiele siehe Bildersuche „1930s semi-detached house“. Das waren Heime des begüterten Mittelstandes – sicher keine Villen, aber auch zu teuer für den Durchschnittsbürger.
Gruß,
Till